Verehrung des heiligen Rochus in Lohr a. Main: Die Bürger der Spessartstadt gelobten 1666, alle Jahre am 16. August, am Gedenktag des Pestpatrons, die Arbeit ruhen zu lassen und Gottesdienst zu halten, wenn die Seuche sie verschonen würde. Die Lohrer hatten Glück. So zogen sie auch heuer in einer Prozession hinter der schwarzen Fahne mit der Aufschrift „homo, memento mori“ (Mensch, bedenke, dass du sterblich bist) auf den Valentinusberg zu einer Morgenmesse an der dortigen Kapelle. Nüchtern, denn gefrühstückt wird traditionell erst hinterher.
Zur Zeit der Pandemie ist das schon über 350 Jahre währende Pestgelübde aktueller denn je. Stadtpfarrer Sven Johannsen stellte jedoch fest, dass Corona „alltäglich“ geworden sei, dass man sich an die Gegenwart des Virus gewöhnt habe. Auch durch den russischen Überfall auf die Ukraine und dessen weltweiten Auswirkungen befänden wir uns im Dauerkrisenmodus. Grundsätzlich, meinte der Geistliche, sei eine Krise vom ursprünglichen griechischen Wortsinn her nichts Schlechtes. Eine Krise bringe uns zum Umdenken, bewirke eine Wendung – im Idealfall zum Guten. Dazu bestehe immer Hoffnung. Allerdings müssten wir in Gott und die verantwortlich Handelnden vertrauen und nicht zu viel erwarten. Kompromisse zu finden, sei oft besser, als nach dem Motto vorzugehen: Alles oder nichts.
Die Gläubigen nahmen also eine ermutigende Botschaft mit herunter vom Berg. Am Nachmittag um 14 Uhr ist noch Gelegenheit, in der Stadtpfarrkirche St. Michael eine Andacht zu besuchen und die Lohrer Rochusreliquie aufgelegt zu bekommen, Schutz in Gefahrensituationen zu erbitten.
Fotos: B. Schneider