„Die Kardinäle wählen einen Niederländer zum Papst. Als Erstes wird das Papamobil nachgerüstet … mit einer Anhängerkupplung.“ ‒ Wer den neuen europäischen Narr-Erholungs-Weg (NEW) in Franken geht, begegnet dem Katholizismus mehr als dieses eine Mal. Gottgläubige nehmen vieles mit Humor, auch wenn im Kirchenkalender für den 11.11. das Gedenken an den mit den Armen teilenden Sankt Martin vermerkt ist und nicht der Faschingsauftakt.
Ein „dreifach donnerndes Helau“ hallt einem unterbewusst ins Ohr, steuert man Veitshöchheim an. Der berühmte britische Humor kommt hier allerdings nicht vor. Seit dem Brexit 2020 befindet sich im hiesigen Gemeindegebiet – konkret am Rand des Ortsteils Gadheim – der geographische Mittelpunkt der Europäischen Union (EU). Außerdem wird seit mehr als einem Vierteljahrhundert aus den Veitshöchheimer Mainfrankensälen die TV-Kultsendung „Fastnacht in Franken“ ausgestrahlt. Und der Fastnacht-Verband Franken hat in Veitshöchheim seinen Sitz. Was liegt also näher, als sich hier den liebenswerten Eigenheiten sowie typischen Späßen aus den und über die europäischen Nationalitäten zu widmen? Ergebnis: eine Rundwanderung mit 27 Wissensstationen beziehungsweise mit lachdienlichen Hinweisen zu jedem einzelnen der EU-Mitgliedsländer.
Einfall des Fastnachts-Wortakrobaten
Die Idee hatte der aus der Frankenfastnacht bekannte Nürnberger Wortakrobat Dr. Oliver Tissot. Von ihm stammen sämtliche Texte. „Alles zu 100 Prozent Tissot“, stellt er zufrieden fest. Schon bei seiner Promotion forschte er zur Wirkung von Humor. In der notgedrungenen Auftrittspause während der Corona-Pandemie fiel ihm so Kurioses ein, wie am internationalen Tag der Freude (24. Juli) einen Witze-Automaten zu installieren oder – nach Schweizer Vorbild – einen Witze-Wander-Weg auszuweisen.
Der „Lachverständige“ versichert, dass es zu letzterer Einrichtung in der Gemeinde Rohr in Mittelfranken keine Dubletten gibt. Die Inhalte des NEW habe er komplett neu recherchiert; zu einem beträchtlichen Teil auch antiquarisch in Bibliotheken. Mit seinen Erkenntnissen stieß er zunächst vor allem auf Begeisterung bei den Leiterinnen des Kulturamtes und der Tourist-Information in Veitshöchheim, Dr. Martina Edelmann und Dr. Petra Reichert-Südbeck. Den Streckenverlauf entlang der Wiesen und Felder sowie über Gräben und durch Wälder wählte Walter Dieck aus, der Vorsitzende der vor genau 100 Jahren gegründeten Flurbereinigungsgenossenschaft Gadheim.
Zweieinhalb kurzweilige Stunden
Wer alles gewissenhaft liest oder sich per QR-Codes und Smartphone vorspielen lässt, verbringt leicht zweieinhalb kurzweilige Stunden an der frischen Luft in der Natur. Teilweise verläuft der NEW parallel zum ebenfalls heuer erst neu eröffneten Rundweg zum Thema „Biolandwirtschaft und Wildlebensräume“ mit eigenen „Infob(l)öcken“.
Die Wissensstationen sind gruppiert nach dem Beitrittsdatum der Länder zur EU. Start- und Endpunkt des NEW ist freilich der EU-Mittelpunkt. Parkmöglichkeiten bestehen am Don-Bosco-Sportplatz und an der Caritas-Ausbildungsgärtnerei. Um mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Gadheim zu gelangen, benötigt man von Würzburg auf der Buslinie 19 rund 25 Minuten. Man kann auch in Veitshöchheim ab dem Naturfreundehaus „Am kalten Brunnen“ in der Sendelbacher Straße losgehen oder bei den Anlagen der Turngemeinde am Ende der Wolfstalstraße. Hier besteht Gelegenheit, in ein italienisches Restaurant einkehren. Ein Café betreibt in Gadheim der St. Markushof. Das Naturfreundehaus ist bis Mai geschlossen. Der Kinderspielplatz direkt daneben bereitet den kleinen Gästen das ganze Jahr über Freude.
Humor erfrischt und entwaffnet
Nicht zu überhören kommentierte eine Frau aus einer Wandergruppe: „Da sin Witz dabei, die sin e bissle öd.“ Mark Twain stellte uns Deutschen in Abrede, fröhlich sein zu können. Er behauptete, das dünnste Buch der Welt sei unsere Witzesammlung. Selbst Dr. Tissot bekennt, dass etliches, was Mario Barth von sich gibt, ihm richtig wehtue. Und das sei in den Augen vieler Ausländer der vermeintlich witzigste Deutsche. Persönlich mag der Fasenachter Tissot derlei Späße: „Ich bin gegen Rasen auf der Autobahn. Wer soll den da mähen?“ Auch outet sich der „Dr. humoris causa“ als Fan der belgischen Comickultur.
Oft amüsiert sich die Mehrheit auf Kosten regionaler Volksstämme, beispielsweise in Deutschland über die Ostfriesen: In Dänemark gießen Arhusianer Wasser auf ihren Computer, um im Internet zu surfen. Und die Leperos in Andalusien hängen ihre Haustür aus, damit keiner durchs Schlüsselloch guckt.
Anlass zum Spott bietet immer wieder die Politik – vor allem in den Ländern des ehemaligen Ostblocks. Der Veitshöchheimer Bürgermeister Jürgen Götz wertet den neuen Narr-Erholungs-Weg jedenfalls als „Beitrag zur europäischen Völkerverständigung“. Denn, so verkündet er in einer Pressemitteilung, er erlebe jährlich bei „Fastnacht in Franken“, wie Personen mit unterschiedlichen politischen Ansichten plötzlich Gemeinsinn entwickelten: „Lachen erfrischt, stärkt und ist entwaffnend.“
In diesem Sinn noch ein Beitrag aus dem mehrheitlich katholischen Malta. Dort erzählt man sich, Petrus lasse eher einen Busfahrer als einen Priester in den Himmel. Letzterem erkläre er: „Wenn du gebetet hast, haben alle geschlafen. Wenn der Busfahrer geschlafen hat, haben alle gebetet.“
Franken – Zentrum für rund
450 Millionen Menschen
Seit dem Brexit, seitdem Großbritannien die Europäische Union (EU) verlassen hat, befindet sich die geographische Mitte der verbliebenen Gemeinschaft von 27 Staaten recht zentral in Unterfranken. Bis dahin war besagter Ort bei Westerngrund im Landkreis Aschaffenburg. Seit 1. Februar 2020 ist er gleich hinter der Bebauung des Veitshöchheimer Ortsteils Gadheim – konkret bei 9° 54‘ 7‘‘ östlicher Länge und 49° 50‘ 35‘‘ nördlicher Breite.
Vermessungsfachleute des Nationalen Geographischen Instituts in Frankreich bestimmten die Koordinaten, indem sie den sogenannten Flächenschwerpunkt berechneten. Hierzu kann man sich die EU als Platte vorstellen, die an einer Schnur aufgehängt werden soll; wo die Schnur befestigt wird, ohne dass die Platte kippt, ist der gesuchte Punkt.
Die EU erstreckt sich über 4 132 796 Quadratkilometer, auf denen rund 450 Millionen Menschen leben. Sie ist der größte Güterproduzent und die stärkste Handelsmacht der Welt. Ein Kreis aus zwölf goldenen Sternen auf blauem Grund bildet ihre Flagge. Dieser Kreis steht symbolisch für die wichtigsten Werte der Union: Einheit und Solidarität.
| Fotos: Bernhard Schneider