Taschners St. Martin für die Weltausstellung in Paris

Am 12. Februar 1900, vor 125 Jahren, entschied sich die Münchner Künstlergenossenschaft für diese Darstellung des St. Martin als ihren Beitrag zur Weltausstellung in Paris. Es handelt sich um eine Arbeit des 1871 in Bad Kissingen geborenen und in Lohr a. Main aufgewachsenen Ignatius Taschner. Er war ein Kunstschaffender zwischen Jugendstil und Neoklassizismus – ein Multitalent, denn er betätigte sich als Architekt, Bildhauer, Graphiker, Illustrator, Maler, Medailleur, …

Oft lieferte Taschner ausschließlich die Entwürfe; begabte Handwerker setzten sie um. Den heiligen Martin ließ er aus Bronze gießen. Es existieren mehrere Ausfertigungen der 76 Zentimeter hohen Figurengruppe; es gehören ja noch der Bettler und das Pferd zur Szene des Mantelteilens. Im Lohrer Rathaus steht ein fast schwarzes Exemplar. Dieses auf den Bildern mit seiner gold-braunen Patina stellte der Mäzen Willy Jeßberger 1985 dem Lohrer Caritas-Seniorenheim für sein Foyer zur Verfügung.

Als Steinmetz auf die Kunstakademie

Ignatius Taschners Vater Bartholomäus half als Steinhauer mit beim Bau der 1875 fertiggestellten ersten Mainbrücke in Lohr. Ignatius absolvierte von 1885 bis 1888 eine Lehre zum Steinmetz bei Wilhelm Kämpf in Schweinfurt und arbeitete danach noch ein Jahr in dessen Bildhauergeschäft, ehe er an die Münchner Kunstakademie wechselte. Hier studierte er bis 1895, erhielt allerdings von der Stadt Schweinfurt im Jahr zuvor schon seinen ersten großen Auftrag für ein Kriegerdenkmal.

Um die Jahrhundertwende machte Taschners Werk Eindruck bei den Künstlern der Münchner, Wiener und Berliner Sezession. Enge Freundschaft schloss der aus Franken Zugereiste mit dem Simplicissimus-Redakteur und Autor volkstümlicher Erzählungen, Ludwig Thoma. Unter anderem steuerte er die Bilder bei zu dessen „Der heilige Hies“. Über Jahre zeichnete er für den Schwabinger Fasching Einladungskarten und modellierte Festabzeichen. Ebenso schuf er die Illustration für „Grimms Märchen“ im Verlag Martin Gerlach.

Das Tafelsilber des späteren Kaisers designt

1903 wurde Taschner Dozent an der Königlichen Kunst- und Gewerbeschule Breslau. Im Zusammenhang mit der Metallklasse entstand ein wesentlicher Teil seiner Schmuckarbeiten. Als er 1904 nach Berlin ging, durfte er das Tafelsilber des Kronprinzen Wilhelm, des späteren letzten deutschen Kaisers, entwerfen. Vor allem aber fertigte er Architekturplastiken, zum Beispiel für das Warenhaus Wertheim in Berlin-Mitte.

1906 zog Taschner nach Mitterndorf bei Dachau in eine selbst geplante herrschaftliche Künstlervilla. Hier ließ er sich die Figuren für den 1913 errichteten, 172 auf 90 Meter großen Märchenbrunnen im Berliner Volkspark Friedrichshain einfallen; das Rotkäppchen sollte gut 100 Jahre später als Vorlage für das Motiv der ersten deutschen 20-Euro-Münze dienen. In dieser Phase erdachte Taschner auch den Fischerbuberl-Brunnen für den Wiener Platz in München.

Viel Zeit blieb ihm nicht mehr. Er starb im Herbst 1913 in seinem Haus in Mitterndorf.

| Fotos: B. Schneider / Repro: aus Familienbesitz

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