„Wir halten Tiere, um Umweltbildung zu betreiben. Sie zur Schau zu stellen, ist nicht unser Ansinnen.“ Dieser Anspruch, Zusammenhänge des Lebens zu erklären sowie zu einem bewussten und rücksichtsvollen Umgang mit der Schöpfung zu animieren, haben sich die Verantwortlichen des Wildparks Klaushof in Bad Kissingen auf die Fahne geschrieben. Die bei Jung und Alt beliebte Einrichtung besteht seit genau einem halben Jahrhundert.
Der Wildpark ist der städtischen Forstverwaltung zugeordnet. Deren Leiter Axel Maunz zeichnet für rund 1700 Hektar Wirtschaftswald verantwortlich. Für den 30 Hektar umfassenden Klaushof entwickelt er seit seinem Dienstantritt 2001 eine besondere Leidenschaft und wachsende Profession; Auszeichnungen und gelungene Bewerbungen um anspruchsvolle Förderprojekte zeugen davon.
Als Allererstes stellt Maunz klar: „Ein Tier einzusperren, um es ‚vorzuzeigen’, ist nicht mehr denkbar. Zum Glück ist unser Empfinden nicht auf dem Stand von 1971 geblieben.“ Wichtig sei, die Natur ganz natürlich zu erleben, um sie verstehen zu können. Wo ein entsprechendes Bewusstsein geweckt sei, bestünden gute Chancen, dass jemand selbst aktiv werde und sich persönlich für den Schutz seiner Umwelt einsetze.
Wild- und seltene Haustiere
Förster Maunz spricht von „Schlüsseltieren für einen bestimmten Lebensraum“. Ihnen in diesem Umfeld im wahren Sinn des Wortes zu begegnen, löse Emotionen aus, die zwei dimensionale Bilder nicht ermöglichten. Es gebe zwar keine offizielle „Hitliste“, aber Maunz glaubt, dass unter den charakteristischen heimischen Wildtierarten auf jeden Fall Luchs und Wildkatze zu den beliebtesten zählen. Um sie auf Augenhöhe beobachten zu können, wurden die Gehege stets in einem Gegenhang angelegt. Um sie allerdings überhaupt in Gefangenschaft halten zu können, muss ausreichend Platz vorhanden sein sowie eine abwechslungsreiche Geländeformation mit kräftigem Bewuchs als Deckung. Von sich aus sind die „Objekte der Begierde“ hervorragend getarnt. Also: „Bei uns sollten die Besucher Zeit, Ruhe und Ausdauer mitbringen.“
Freilich weiß Axel Maunz, dass die nicht gerade eine Tugend gerade der ganz Kleinen ist. Deshalb tummeln sich am Klaushof auch domestizierte Bewohner, nämlich seltene und vornehmlich regionale Haustierrassen wie Rhönhase und Rhönschaf und Thüringerwaldesel.
„Wir sind im Deutschen Wildgehegeverband organisiert, erhalten von Kollegen schon einmal ein Jungtier. Meist gelingt uns allerdings die eigene Nachzucht. Gute Erfolge verzeichnen wir beispielsweise bei unseren Auerochsen“, freut sich der Parkleiter und lebt bei dieser Gelegenheit das Engagement der beiden festangestellten Tierpfleger sowie der Helfer aus dem sonderpädagogischen Förderzentrum Franz-von-Prümmer-Schule, die im Rahmen eines Inklusionsprojekts jeden Donnerstag mit anpacken. Und wer leistet speziell die Bildungsarbeit?
Selbst ausprobieren
Maunz meint verschmitzt, sich hie und da Manches abgeschaut zu haben, auf welche Weise und mit welchen Hilfsmitteln man seine Klientel erreichen könne: „Sie bloß nicht zutexten! Alles selbst ausprobieren lassen!“ Aber er betont, dass er kein Pädagoge ist. Dafür habe er mit der Universität Würzburg und in erste Linie in der Person von Dr. Thomas Heyne den idealen Partner gefunden. Der bereitet angehende Biologielehrer auf einen „forschend entdeckenden Unterricht an außerschulischen Lernorten“ vor. Soll heißen, dass die Studierenden am Klaushof Unterrichtseinheiten konzipieren samt geeigneter Vermittlungselemente; sogenannte Hands-on-Exponate verdeutlichen zum Beispiel, wie Insekten und wie Eulen sehen.
42 Bachelorarbeiten sind hier mittlerweile ersonnen worden. Der Versuchsaufbau für die nunmehr zweite Dissertation läuft; es gilt zu erforschen, wie Kindern beigebracht werden kann, dass wir künftig wärmetolerante Baumarten benötigen und wodurch sie sich von den angestammten unterscheiden.
Aktuell verwendet Forstmann Maunz im Wildpark vorzugsweise zwei bestimmte Hölzer. Für Zäune die Robinie: „Die ist witterungsbeständig und so schön unregelmäßig; da ‚beißt’ sich das Auge nicht fest.“ Genau das Gegenteil wollte er mit der Eiche erzielen. Diese stellte er Bildhauern zur Verfügung, damit diese Tierskulpturen anfertigen und sich dabei über die Schultern schauen lassen. Klar, dass die Kunstwerke vor Ort blieben. Eine außergewöhnliche Aktion. Üblicherweise werden im Wildpark Biotope geschaffen, um Tiere zu bewegen, sich anzusiedeln. Zuletzt klappte dies bei der Biene unter anderem dank einer fast ganzjährig blühenden Wiese. Das dazugehörige Informationsgebäude wurde als Sechseck errichtet – wie eine Wabe. Stolz berichtet Maunz: „Weil die Biene nicht mehr als drei Kilometer fliegt, um Nektar zu sammeln, ist bei uns ein absolut biologisch erzeugter Klaushof-Honig erhältlich.“
Jetzt will Axel Maunz zudem den Rotmilan locken. Für ein viel aufwendigeres Vorhaben hat er bereits die Zusage des bayerischen Umweltministers, nämlich für ein „Naturerlebniszentrum Rhön“. „Acht Millionen Euro stehen im Raum“, sinniert der umtriebige Forstamtsleiter. Und zukunftsorientiert fügt er dazu: „Auch wenn ich in wenigen Jahren das Ruhestandsalter erreiche, wird hier die Umweltbildungsarbeit weitergehen.“
Jeden Tag geöffnet
Wenn Infektionsschutz- und Hygieneregeln keine anderen Vorgaben machen, ist der Wildpark Klaushof auf der Poppenrother Höhe rund vier Kilometer nordwestlich von Bad Kissingen ganzjährig täglich acht Stunden geöffnet – in der dunklen Jahreszeit von 9 bis 17 Uhr, jetzt im Sommer von 10 bis 18 Uhr. Unter normalen Bedingungen nutzten dies zuletzt rund 60 000 Gäste im Jahr: Einheimische, Kurende, Touristen … Kinder im Alter bis sechs Jahre haben freien Eintritt. Für Schüler beträgt der Preis 1,50 Euro und für Erwachsene 4 Euro. Eine Familienkarte kostet 8 Euro. Fünf Lehrpfade zu Themen von B wie Biber bis W wie Wildkatze können gewählt werden. Geführte Rundgänge werden immer dienstags um 14:30 Uhr angeboten. Gruppen ab fünf Personen – vorzugsweise Kindergärten und Schulen, aber auch Vereine und sonstige Zusammenschlüsse – können individuelle Führungen buchen. Mehr dazu unter www.wildpark-klaushof.de/bildung.