Am 28. März wollte der Bezirk Unterfranken Schloss Aschach mit seinem neu konzipierten Graf-Luxburg-Museum nach rund zweieinhalb Jahren wieder öffnen. Jetzt müssen wir uns gedulden, bis die Corona-Pandemie offiziell für überwunden erklärt wird. Dann lassen einige Tausend Exponate einen Besuch zum Fest für die Sinne werden. Sie bilden einen Querschnitt dessen, was Orient und Okzident an herrlichen Kostbarkeiten hervorgebracht haben.
Friedrich Graf von Luxburg war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Regierungspräsident von Unterfranken und Aschaffenburg. Sein ältester Sohn Karl stand im diplomatischen Dienst. Beide hegten ein ausgeprägtes Gespür für besondere Kunstschätze. Ihre vermögenden Gemahlinnen, die Gräfinnen Luise und Carola, unterstützten ihre Sammelleidenschaft. Der Ältere trug Außergewöhnliches aus Europa, der Jüngere aus Ostasien zusammen. „Wir vermeiden den Begriff ‚Sammlung’“, drückt sich Museumsleiterin Josefine Glöckner vornehm zurückhaltend aus, um dann doch erklärend nachzuschieben: „Die Luxburgs hatten keine thematischen Vorgaben. Sie kauften, was ihnen gefiel. Und das war stets das Schönste.“ Ohne dem Hochadel anzugehören, hätten sie versucht, Schloss Aschach als repräsentativen Sitz auszugestalten.
Graf Friedrich und die um 18 Jahre jüngere Gräfin Luise von Luxburg haben Schloss Aschach über dem Saaletal 1874 zu ihrem Familiensitz erkoren. Ursprünglich war es eine hennebergische Burg.
Bei Bad Bocklet, nur wenige Kilometer von Bad Kissingen entfernt, erhebt sich an der Fränkischen Saale dieses ebenso trutzige wie entzückende Baudenkmal. Die Geschichte des Schlosses reicht bis in das 12. Jahrhundert zurück, als die mächtigen Grafen von Henneberg hier eine Burg errichten ließen. Nach deren Zerstörung im Bauernkrieg bauten die Würzburger Fürstbischöfe sie als Verwaltungssitz und Jagdschloss aus.
Als Vorbesitzer Anton Sattler, der unter anderem in Schloss Mainberg bei Schweinfurt eine Tapetenfabrik betrieb, 1871 starb, konnte Graf von Luxburg das herrschaftliche Anwesen erwerben. Er nutzte es ab 1874 als Treffpunkt für adelige Bekannte und angesehene Bürger – wegen der schlechten Beheizbarkeit allerdings nur im Sommer. Der Regierungspräsident hatte seinen Hauptaufenthalt freilich in Würzburg. Hier initiierte er 1893 die Fränkische Ausstellung von Altertümern in Kunst und Kunstgewerbe. Sie mündete 1913 im Fränkischen Luitpoldmuseum. Heute heißt das Haus Museum für Franken.
Im Stil des Historismus richtete Graf Friedrich Schloss Aschach ein. Die Familie bewohnte es bis 1968 – zuletzt nur noch eingeschränkt. Den Schenkungsvertrag einschließlich des wertvollen Inventars hatte Graf Karl 1955 schon geschlossen. Ab 1957 stand der erste Teil, ab 1969 auch der Rest als Museum der Öffentlichkeit offen. Max H. von Freeden, der Direktor des Mainfränkischen Museums, zeichnete in Aschach als erster Museumsleiter verantwortlich.
Mitte 2018 kam Josefine Glöckner nach Aschach und brachte die Erfahrung mit, im Erzgebirge bereits eine Ausstellung neu aufgebaut und eine komplett umgebaut zu haben. Fürs Graf-Luxburg-Museum hatten die Kulturexperten des Bezirks Unterfranken das künftige Prinzip im Wesentlichen schon entwickelt; die Sanierung lief schon. Dr. Birgit Speckle hat entscheidend mitgearbeitet.
Die Gäste würden jetzt mitten in die seinerzeitige Welt der gräflichen Familie von Luxburg hineingenommen, schwärmt Josefine Glöckner: „Keine Glaswände und keine Absperrbänder als Barrieren mehr! Alle sind eingeladen, auf dunkelblauen Läufern durch die historischen Wohnräume zu wandeln.“ Wer jedoch die vorgegebenen Pfade verlässt und sich der authentischen Einrichtung über Gebühr nähert, wird durch ein sensorgesteuertes Alarmsystem im wahrsten Sinn des Wortes zurückgepfiffen. Wer verweilen mag, kann sich auf mit blauen Kissen belegten Bänken niederlassen; der Stoff ist golden bestickt mit Zitaten aus Luxburg-Briefen, zum Beispiel: „Die Ruhe wird Dir gut tun.“ Dazu gibt es verschiedene Medien- und Mitmachstationen insbesondere fürs junge Publikum.
Es gilt, gut 800 Quadratmeter auf drei Etagen – per (Lasten-)Aufzug vollständig barrierefrei erschlossen – zu erkunden. Da bei der Übergabe in den Fünfzigern genau beschrieben wurde, wo was zu finden ist, konnte leicht der „ursprüngliche Zustand zurückgeführt“ werden. Jetzt ist auch die Küche (bisher Lager) integriert und gewährt gewissermaßen einen Blick hinter die Kulissen.
Augenzwinkernd merkt die Museumsleiterin an, dass man absichtlich einen provozierenden Einstieg in den Rundgang gewählt hat: Heiligenfiguren flankieren die Tür zu einem kapellenähnlichen Raum; darin thront ein Buddha unter dem sich an der Decke in leuchtenden Farben abzeichnenden Wappen des Fürstbischofs Konrad III. von Bibra. Auf regionale Begebenheiten wird im sogenannten Spruchzimmer Bezug genommen. Vier Räume im mittleren Stockwerk sind für Kunstgegenstände vor allem aus Keramik, Porzellan, Jade und Elfenbein reserviert – aus fernen Gebieten Asiens. Daneben der Fremdensalon, der Übernachtungsgästen vorbehalten war. Ganz oben, unter anderem mit Billardsaal, Napoleon-Salon und Arbeitszimmer, kehrt die Besucher zurück nach Franken: filigrane Gläser, detailreiche Schnitzereien und Gemälde unterschiedlicher Stilrichtungen; Höhepunkt ist „Judith mit dem Haupt des Holofernes“ von Lucas Cranach dem Älteren.
Eine ganze Reihe von Fördertopfen ermöglichten diese einzigartige Schau: „Bei den Investitionen bewegen wir uns im Bereich von rund drei Millionen Euro“, sagt Josefine Glöckner nüchtern. Trotzdem bleiben die Eintrittspreise sozialverträglich. Beispielsweise kostet die Familienkarte für zwei Erwachsene und bis zu drei Kindern 12 Euro. Schüler im Klassenverband haben freien Zugang. Inbegriffen sind auch die beiden anderen Aschacher Museen: das Volkskundliche Museum und das Schulmuseum. In den Sommermonaten bis 31. Oktober sind sie geöffnet Dienstag bis Samstag von 14 bis 17 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen von 11 bis 17 Uhr. Kontakt: telefonisch unter 09708 704188-20 oder per E-Mail unter schloss.aschach@bezirk-unterfranken.de.
| Fotos: B. Schneider