Und wenn nicht, dann hilft das Rosenkranzgebet
Der Langenscheidt-Verlag hat zuletzt erstmals einen Satz zum Jugendwort des Jahres gekürt: „Läuft bei dir.“ Laut Jury ist diese Redensart unter jungen Leuten gleichbedeutend mit „cool“ und „krass“; sie erkenne an: „Du hast es drauf!“ – So prägnant hätten Pfarrer und Altbürgermeister von Arnstein die aktuelle Situation im Werntal auf den Punkt bringen können. Aber schön, dass sie stattdessen markante Belege für jene Behauptung auflisten. Vor allem geben sie die Erkenntnis weiter, dass das Rosenkranzgebet stets helfe. Das könne man in der Pfarr- und Wallfahrtskirche Maria Sondheim lernen – beim Blick nach oben.
Die Seeschlacht von Lepanto ist an der Decke des überwiegend im spätgotischen Stil errichteten Sakralbaus zu sehen: Am 7. Oktober 1571 siegte im Ionschen Meer die „Heilige Liga“ über die Türken. Die rund 77.000 osmanischen Mannen auf über 250 Galeeren besaßen den Nimbus, unschlagbar zu sein. Auf christlicher Seite verfügten die Kämpfer auch über immerhin 212 Kriegsschiffe. Der 24-jährige Admiral Don Juan de Austria befehligte sie. Dessen Name verwies auf seine habsburgische Herkunft; er war der außereheliche Sohn Kaiser Karls V. und der bürgerlichen Regensburger Gürtlerstochter Barbara Blomberg. Papst Pius V. erklärte ihn zum „Retter der Welt“.
Wo der zehnte östliche Längen- und der 50. nördliche Breitengrad sich kreuzen, befindet sich Arnstein – weit weg vom seinerzeitigen Geschehen. Warum ausgerechnet hier dieses Motiv? Pfarrer Christian Ammersbach betreut die Pfarrei seit anderthalb Jahren. Für ihn antwortet Roland Metz, der seit Mitte der 1960er-Jahre an allem, was sich in Arnstein tat, irgendwie beteiligt war. Von 1972 bis 2002 diente er seiner Heimatstadt als Bürgermeister. Oft und gerne führt der 83-Jährige Gäste durch die Stadt und natürlich die mächtige Kirche in der Sondheimer Au. Er weiß, was in keinem Onlinelexikon zu lesen ist: Die damals mitgliederstarke Rosenkranzbruderschaft in der Pfarrei Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz habe das Fresko gestiftet, um die Bedeutung des Rosenkranzes zu unterstreichen. Denn die christliche Flotte habe sich 1571 auch deshalb so erfolgreich geschlagen, weil der Papst die Gläubigen zum Rosenkranzgebet aufgerufen und selbst „den ganzen Tag knieend“ in selbigem verharrt habe. An der Kirchendecke ist vermerkt, wem eigentlich Dank gelte – „Maria de victoria“.
Bei dem, wer das monumentale Werk geschaffen hat, tappt Altbürgermeister und Ehrenbürger Metz wahrscheinlich im Dunkeln. Er schreibt es dem aus Thüngersheim stammenden Würzburger Hofmaler Georg Anton Urlaub zu. Der ist allerdings 1759 verstorben, während die Lepanto-Schlacht in Arnstein erst 1770 im Hinblick aufs 200. Jubiläum entstanden sein soll, und zwar durch den Künstler Johann Philipp Rudolf, zu dem in den Nachschlagewerken kein Herkunftsort genannt wird.
Ungewöhnlich an der Kirche Maria Sondheim ist ferner, dass sie so weit entfernt von der Kernstadt jenseits des Flusses Wern liegt. An gleicher Stelle hat schon ein im Ersten Markgräflerkrieg 1449/50 zerstörtes Gotteshaus gestanden. Aufgrund des Namens Arnstein hält Roland Metz für glaubwürdig, dass der heilige Arn (auch Arno), der 855 zum Bischof von Würzburg berufen und 892 in der Nähe des heutigen Chemnitz von heidnischen Sorben während der Messe getötet wurde, diese Siedlung gegründet hat. 1225 war sie befestigt, bezeichnet als „oppidum et castrum“. 1333 verlieh ihr Ludwig der Baier Stadtrechte.
„Kaum eine Kirche in der Diözese hat soviele mittelalterliche Epitaphien wie Maria Sondheim“, berichtet Altbürgermeister Metz selbstbewusst. Im Wesentlichen vollendet wurde der Innenausbau zur Zeit Julius Echters von Mespelbrunn (Würzburger Fürstbischof von 1573 bis 1617). Seit der jüngsten Renovierung 2002 prägt ein abstraktes Gemälde des Bad Rodachers Matthias Kroth den Altarraum. Kunstreferent Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen hat Ambo und Stele konzipiert. Letztere trägt eine farbig gefasste Figur der schmerzhaften Muttergottes von einem mainfränkischen Meister um 1470. Dieses Gnadenbild suchen die Würzburger Kreuzbergwallfahrer jedes Jahr auf ihrem Rückmarsch auf.
Zu Fuß, versichert Pfarrer Ammersbach, würden auch die meisten Arnsteiner einschließlich ihm selbst zu den Gottesdiensten gehen trotz des relativ weiten Wegs. Künftig rückt die Innenstadt weiter nach draußen; eine „neue Mitte“ mit Ärztehaus und zusätzlichen Einkaufsmöglichkeiten wird derzeit zwischen Neubaugebiet, Altstadt und Wernaue entwickelt. Außerdem sollen im Umfeld der Schulen auch eine Erwachsenenbildungseinrichtung als Bürger-, Vereins- und Generationenzentrum gestaltet werden.
Arnstein mit seinen insgesamt zwölf Stadtteilen bleibt mit seiner Einwohnerzahl konstant bei gut 8.000, was in jetziger Zeit Prosperität bedeutet. Wirtschaftlich macht vor allem der Bäckereianlagenbauer MIWE positive Schlagzeilen; im 100. Jahr seines Bestehens sind rund 700 Mitarbeiter weltweit tätig, um das Backen besser und leichter zu machen. Im wahren Sinn des Wortes in aller Munde sind die Spezialitäten aus der heimischen Brauerei – insbesondere der „Herzog von Franken“. In kultureller Hinsicht kennt man Arnstein als Ort der größten Spaßmacher: Das Publikum ermittelt alle Jahre den Gewinner des fränkischen Kabarettpreises; mit einem Sonderpreis wurde unlängst der Politikerparodist Wolfgang Krebs bedacht. Apropos Politik. Mit der 36-jährigen Exbürgermeisterin Anna Stolz stellt Arnstein eines der jüngsten Mitglieder des bayerischen Kabinetts.
Jugendlich fit muss in Arnstein auch der katholische Pfarrer sein. Der hat nämlich zwischen Pfarrhaus und Pfarrbüro einen der steilsten und beschwerlichsten Arbeitswege in der Stadt zu bewältigen. Das Schöne daran: Auf halber Strecke befindet sich der Rosengarten, wo man zwischen Rosengattungen des 19. Jahrhunderts und Züchtungen der Gegenwart lustwandeln kann. Eine Gruppe engagierter Botaniker hat ihn im Hinblick auf die „kleine Landesgartenschau“, die 1997 stattfand, angelegt. Führungen können über die Stadtverwaltung unter der Rufnummer 09363 801-0 verabredet werden. Geblieben ist den Arnsteinern von dieser Gartenschau insbesondere ein Naturbadesee mit Ausflugslokal. Auf dem ehemaligen Gartenschaugelände findet zudem immer um Pfingsten ein Wochenende lang eine Kunst- und Gartenmesse mit fast 100 Ausstellern statt – heuer am 15./16. Juni. Wer dabei eine Auszeit vom bunten Treiben braucht, sucht direkt nebenan die innere Einkehr in der Pfarr- und Wallfahrtskirche, schaut zur Decke und staunt – im Gegensatz zum Pflanzenmarkt bei freiem Eintritt.
Toll, nur eine kleine geschichtliche Tatsache fehlt auf dem Deckenfresko und dem Artikel. Bei der Seeschlacht von Lepanto taten die Barmherzigen Brüder (Hospitalorden des hl. Johannes von Gott) den Sanitätsdienst.
Liebe Grüße an die ganze Familie Schneider.
Vielen Dank für die interessante Ergänzung! Ich liebe es, auf diese Weise Neues zu erfahren – nämlich vom bisherigen Ersten Generalrat der Barmherzigen Brüder.
Ihr B. Schneider