Gegen die Alltagswehwehchen

Im Lehrer- und im Wirtsgarten des Kirchenburgmuseum Mönchsondheim wachsen rund 90 heilsame Pflanzen.

Was gehört unbedingt in einen Buschen für die „Würzweihe“ an Maria Himmelfahrt? „Das ist regional unterschiedlich“, antwortet Kräuterfrau Roswitha Dorsch vom Kirchenburgmuseum Mönchsondheim zunächst ausweichend. Aber dann … Immerhin kann sie in zwei Gärten unter bald 100 Pflanzen wählen.

Zum Kirchenburgmuseum Mönchsondheim gehören zwei Kräutergärten – einer links herum am Schul- und einer gleich vorne rechts herum am Wirtshaus.

Das rund um die Mönchsondheimer Pfarrkirche von einem Zweckverband aus Landkreis Kitzingen, Stadt Iphofen und einem Förderverein betriebene Freilandmuseum präsentiert in der Dauerausstellung dörfliches Handwerk sowie den Weinbau und die Landwirtschaft. Ein neuer Schwerpunkt ist das religiöse Leben, das im Mesnerhaus dargestellt wird. Und natürlich sind auch das Rathaus, das Schulhaus und das Gasthaus museal genutzt. Die letzten beiden verfügen jeweils über einen Garten.

Weil sich einige der früheren Wirte zusätzlich sowohl als Schultheißen als auch als Wundchirurgen und Bader betätigten, legte das Amt für ländliche Entwicklung Anfang der 1990er-Jahre hinter der Kegelbahn einen Kräutergarten neu an. Um diesen kümmert sich seit 15 Jahren Roswitha Dorsch, und zwar ehrenamtlich. Ebenso hat sie den Lehrergarten unter ihre Fittiche genommen. 

Cremes, Tees, Tinkturen

Vom Frühjahr bis zum Herbst kann sie von bis zu 90 inhaltsreichen Gewächsen Cremes, Salben, Tees und Tinkturen herstellen – „gegen die Alltagswehwehchen“, sagt sie. Gleichzeitig betont die dreifache Mutter und dreifache Oma: „Kräuter ersetzen nicht den Arztbesuch.“ Sie könnten aber vorbeugend und unterstützend mit sehr gutem Erfolg angewendet werden.

Kräuterfrau Roswitha Dorsch weiß unter anderem: „Die Zuckerwurzel lässt die ‚ehelichen Werke’ gelingen.“
Kräuterfrau Roswitha Dorsch weiß unter anderem: „Die Zuckerwurzel lässt die ‚ehelichen Werke’ gelingen.“

Um Krankheiten von Mensch und Vieh abzuwehren, binden Christen nach altem Brauch Heilpflanzen zusammen, lassen sie im Hochamt am 15. August segnen und hängen sie dann im Haus und im Stall auf. Sieben verschiedene Kräuter sollen’s mindestens sein. Sieben mal sieben wären toll. Gar siebenundsiebzig zu sammeln, wäre eine Glanzleistung. Auf folgende würde Roswitha Dorsch auf keinen Fall verzichten: 

Die Königskerze hat sich als Hustenmittel und zur Pflege der Haut bewährt. Andorn lindert – verfeinert mit Ingwer und Honig – ebenfalls den Husten. Dost oder Wilder Majoran löst Krämpfe und hilft gegen Heiserkeit. Gleiches wird dem wohlriechenden Odermennig nachgesagt, weshalb er auch Sängerkraut genannt wird; genauso tut er der Leber und der Galle gut und unterstützt die Wundheilung. Der Große Wiesenknopfhemmt Entzündungen. Getreideähren, zum Beispiel von der Gerste, lassen Abszesse abklingen. Die Schafgarbe beseitigt wie die KamilleVerdauungsprobleme und findet zudem wie der Mönchspfeffer Anwendung bei Frauenleiden. Eisenkraut wirkt blutreinigend und gegen Migräne. Die Wegwarte hellt das Gemüt auf. Johanniskraut baut Stress und Nervosität ab. Phlox und Dahlien werten wie weitere Blumen den Strauß nicht nur optisch auf; es reimt sich: „Malve im Garten lässt den Doktor draußen warten.“

Flotte Merksätze

Starke Vergleiche und flotte Merksätze prägen sich ein: „Brautkranz aus Rosmarin hält die Ehe ewig grün.“ Aber auch die Zuckerwurzel, ein süßes Urgemüse, lasse die „ehelichen Werke“ gelingen, weiß Roswitha Dorsch. Ferner, dass der Ziest die „angezauberte Liebe“ unterbinde, dass der Ysob dem Taufwasser zuzusetzen sei, dass die Zitronenmelisse die Gehirnleistung steigere und dass die Eberraute den Haarwuchs anrege und die Verdauung fördere. Letztere werde auch als Stabwurz bezeichnet und halte im Schrank die Motten fern. Seine Kleidung sollte man tunlichst nicht mit den Muskatellersalbei in Berührung bringen, denn: „Der riecht wie eine ganze Fußballmannschaft nach dem Spiel.“

Wie ist hingegen ein fein duftendes „Schmeckles“-Kraut zu gebrauchen? Die Expertin erklärt: „Müde von der harten körperlichen Arbeit sind die Gottesdienstbesucher bei mancher überlangen Predigt eingenickt. Um dem Kirchenschlaf vorzubeugen, um sich immer wieder zu erfrischen, hat man sich ein paar Blätter der Frauenminze ins Gebetbuch sortiert.“ Der gängige Name dieses Balsams ist Marienblatt.

Maria und die Königskerze

Auf die Gottesmutter wird des Öfteren verwiesen in Verbindung mit der Heilkraft von Pflanzen. Der Legende nach soll die heilige Familie auf ihrer Flucht nach Ägypten unter einem Salbeistrauch gerastet haben. Und Maria soll ihren Weg gefunden haben, weil eine Königskerze geleuchtet hat. Deshalb gilt der 2. Juli (im Regionalkalender das Fest Maria Heimsuchung) als idealer Termin, diese zu ernten. Verpasst? Ja, zum Glück. Auf diese Weise  sind noch frische Königskerzen übrig für die Würzbuschen am nächsten Sonntag.

Die Traubensilberkerze ist herrlich anzusehen. Ihre wertvollsten Stoffe stecken allerdings in den Wurzeln. Sie lindern Schmerzen und Krämpfe. Schon die Ureinwohnerinnen Nordamerikas nutzten die Pflanze bei Menstruationsbeschwerden und Hitzewallungen.
Die Traubensilberkerze ist herrlich anzusehen. Ihre wertvollsten Stoffe stecken allerdings in den Wurzeln. Sie lindern Schmerzen und Krämpfe. Schon die Ureinwohnerinnen Nordamerikas nutzten die Pflanze bei Menstruationsbeschwerden und Hitzewallungen.
Ysop wird an prominenter Stelle in der Bibel genannt, nämlich bei der Kreuzigung Christi. Die Pflanze ist nah verwandt mit dem Thymian und dem Salbei. Sie wird gegen Bronchitis und Blähungen eingesetzt, denn sie wirkt entzündungs- und schweißhemmend sowie leicht abführend. Volkstümlich wird der Ysop als Essigkraut bezeichnet.
Ysop wird an prominenter Stelle in der Bibel genannt, nämlich bei der Kreuzigung Christi. Die Pflanze ist nah verwandt mit dem Thymian und dem Salbei. Sie wird gegen Bronchitis und Blähungen eingesetzt, denn sie wirkt entzündungs- und schweißhemmend sowie leicht abführend. Volkstümlich wird der Ysop als Essigkraut bezeichnet.
Herzgespann oder Herzgold wird seinem Namen voll und ganz gerecht. Im Mittelalter stand der Begriff Gespann für Krampf. Herzgespann wird unter anderem angewendet bei Herz- und Atemwegsbeschwerden, aber auch bei Verdauungsstörungen sowie bei Frauen- und Nervenleiden.
Herzgespann oder Herzgold wird seinem Namen voll und ganz gerecht. Im Mittelalter stand der Begriff Gespann für Krampf. Herzgespann wird unter anderem angewendet bei Herz- und Atemwegsbeschwerden, aber auch bei Verdauungsstörungen sowie bei Frauen- und Nervenleiden.

Kräuterführungen

Roswitha Dorsch hat eine Ausbildung sowohl zur Gartenerlebnisführerin als auch zur Kräuterführerin absolviert. Ihr Wissen über die positive Wirkung von Pflanzen beziehungsweise von deren Extrakten gibt sie gerne weiter an die Gäste des Kirchenburgmuseums Mönchsondheim. Den „wertvollen Schatz im ländlichen Garten“ stellt sie turnusmäßig am zweiten Juli-Sonntag vor. Aber auch individuelle Buchungen für maximal 25 Teilnehmer sind möglich unter 09326 1224 oder info@kirchenburgmuseum.de.  In einer zweiten Themenführung üblicherweise am zweiten September-Sonntag, in der Kräuter eine wesentliche Rolle spielen, befasst sie sich mit „des Baders Handwerkszeug“ und damit, welche Möglichkeiten der medizinischen Versorgung in früheren Jahrhunderten bestanden; manche „Arzeney“ lieferte eben der Kräutergarten. 

Das Kirchenburgmuseum ist von Mitte März bis Ende Oktober von Dienstag bis Sonntag sowie an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr geöffnet, von Allerheiligen bis zum ersten Advent nur Samstag und Sonntag von 10 bis 16 Uhr. Während der Sommersaison können Gäste wochenends und an Feiertagen mit der zwischen Uffenheim und Prichsenstadt eingerichteten Buslinie „Bocksbeutelexpress“ nach Mönchsondheim gelangen. Außerdem gibt es von Iphofen aus einen für Wanderer und Radfahrer geeigneten „Museumsweg“, der am Bahnhof vorbeiführt.

Die Menschen staunen und die Tiere schwirren und krabbeln ob dieser Blütenpracht in den Mönchsondheimer Museumskräutergärten.
Die Menschen staunen und die Tiere schwirren und krabbeln ob dieser Blütenpracht in den Mönchsondheimer Museumskräutergärten.

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